Erbbaurechtsverträge laufen aus

Bauherren können ihr Haus auf einem gepachteten Grundstück zu vergleichsweise günstigen Konditionen errichten lassen. Das verlockende Modell bringt aber auch einige Nachteile mit sich.

Bremen. Tausende Wohnbauten in Deutschland stehen auf fremden Grundstücken, die den Bauherren gegen einen Erbbauzins überlassen wurden. Vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg boomte das Erbbaurecht und die Verträge wurden langfristig angelegt – auf durchschnittlich 85 Jahre.

„Man kann das Modell mit einem Leasing-Vertrag für ein Auto vergleichen“, sagt Manfred Raber, Vertrauensanwalt beim Bauherren-Schutzbund. Der Bauherr bekommt ein Grundstück geliehen. Er ist zwar Eigentümer an dem Haus, muss das Grundstück aber nach Vertragsende zurückgeben.

Viele Verträge enden bald

Demnächst laufen etliche alte Erbbauverträge aus. Bei 22 Prozent aller deutschen Erbbaurechtsgeber ist das bis 2030 der Fall, ergab eine Studie des Deutschen Erbbaurechtsverbands. Eine zweite Welle ist von 2040 bis 2060 zu erwarten.

Viele dieser auf Erbpacht-Grundstücken stehenden Häuser haben inzwischen mehrfach den Eigentümer gewechselt. Für diese ist es nun höchste Zeit, noch vor dem Ende der Laufzeit ihrer Verträge aktiv zu werden. „Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten“, erklärt Matthias Nagel, Geschäftsführer des Deutschen Erbbaurechtsverbandes. „Unternehmen beide Seiten nichts, läuft der Vertrag zum vereinbarten Termin einfach aus.“ Das Grundstück geht an den Erbbaurechtsgeber zurück, der es neu vermarkten kann. Für das Haus des Erbbaurechtsnehmers auf dem Grundstück erhält dieser eine Entschädigung.

Bei einer Verlängerung wird der Erbbauzins neu berechnet. „Je früher man sich mit dem Erbbaurechtsgeber in Verbindung setzt, desto bessere Konditionen kann man in der Regel aushandeln“, betont Matthias Nagel.

Spätestens fünf Jahre vor Vertragsende sollten Erbbaurechtsnehmer den Kontakt zu ihrem Vertragspartner suchen. Stehen größere Renovierungen am Haus an, dann auch früher. „Dann kann es auch 20 bis 30 Jahre vor Vertragsende sinnvoll sein, den Vertrag zu verlängern, um eine gute Finanzierung von der Bank zu bekommen“, so Nagel. Werden die Verträge erst kurz vor Ablauf verlängert, fällt der Erbbauzins meist höher aus. Das ist auch der Fall, wenn der Vertrag endet und dann doch neu abgeschlossen wird.

Modell erlebt neue Blüte

Das Vertragsmodell des Erbbaurechts wird aktuell zum Beispiel angewendet, wenn Kommunen ihre Grundstücke nicht verkaufen, aber vom Wertzuwachs profitieren wollen. „Für Bauherren hat das den Vorteil, dass sie ein Grundstück bekommen, auf dem sie ihr Haus bauen können. Und das zu vergleichsweise günstigen Konditionen“ erklärt Matthias Nagel.

Das sei ein großer Pluspunkt: „Es ist schon ein Unterschied, ob der Bauherr einen sechsstelligen Betrag allein für den Kauf eines Baugrundstücks aufbringen oder ob er dafür nur Zinsen zahlen muss. Der durchschnittliche Erbbauzins für Wohnimmobilien liegt in Deutschland bei rund drei Prozent des Bodenrichtwertes pro Jahr.“

Risiken in Entscheidung einbeziehen

„Es ist zwar ein eigentumsähnliches Modell, aber eben kein vollständiges Eigentum“, merkt Manfred Raber an. Der Erbbaurechtsnehmer kann sein Haus samt Erbbaurecht vererben, verkaufen oder verschenken, aber es bleibt ein Risiko. So darf der Vertrag bei Pflichtverstößen vorzeitig beendet werden. Das kann auch der Fall sein, wenn Erbbauzinsen nicht bezahlt werden können.

Zudem machen Kreditgeber durchaus einen Unterschied bei ihren Konditionen, ob es sich um eigenes oder gepachtetes Land handelt. „Die Bauherren müssen oft höheres Eigenkapital einbringen. Auch relativ kurze Restlaufzeiten des Erbbaurechtsvertrags sind vielen Geldinstituten zu riskant. Manche lassen sich auch gar nicht darauf ein, solche Projekte zu finanzieren“, weiß Raber. Wer sein auf einem Erbbaurechts-Grundstück erbautes Haus verkaufen will, erzielt außerdem oft niedrigere Preise.

Zu bedenken ist auch, dass die Erbbauzinsen mit den Jahren immer weiter steigen, denn sie dürfen regelmäßig angepasst werden. „Die Erbbauzinsen sind nicht von den übrigen Immobilienpreisen abgekoppelt, sondern orientieren sich an den Bodenwertpreisen. Gerade in Ballungsgebieten kann das ziemlich teuer werden“, sagt Roland Stecher von der Verbraucherzentrale Bremen.

Er rät Interessenten, das genau durchzurechnen und besonders auf die Restlaufzeiten des Erbbaurechtsvertrages zu schauen. „Bleiben da nur noch zehn Jahre, sollte man lieber die Finger davon lassen – oder rechtzeitig neu verhandeln.“

(Autorin: Katja Fischer / Foto: Bernd Wüstneck/DPA)