Neue Bauvorhaben und moderne Arbeitswelten prägen den hiesigen Gewerbeimmobilienmarkt nachhaltig. (Foto: Frank Thomas Koch)
Herr Heyer, wie bewerten Sie die aktuelle Entwicklung des Immobilienmarktes in Bremen?
Andreas Heyer: Der Immobilienmarkt in Bremen zeigt sich trotz einer herausfordernden gesamtwirtschaftlichen Lage bemerkenswert robust. Während vielerorts Unsicherheiten aufgrund hoher Baukosten und steigender Zinsen dominieren, bleibt der Markt in Bremen über alle Assetklassen hinweg stabil. Im Büroimmobilienmarkt ist Bremen mit Umsätzen auf Vor-Corona-Niveau besonders
widerstandsfähig. Und auch bei Logistikimmobilien beobachten wir eine verstärkte Dynamik und Flächenumsätze sogar deutlich über dem Vorjahresniveau.
In welchen Branchen wurden in Bremen die höchsten Investmentumsätze erzielt?
Zunächst einmal stellen wir fest, dass sich die Umsätze am Immobilienmarkt insgesamt erholen. Im Vorjahr lagen wir bei 250 Millionen Euro Investment, und die Prognosen lassen für 2024 rund 300 Millionen Euro erwarten. Der Löwenanteil der Investments, rund 60 Prozent, fließt nach unseren Beobachtungen im Moment in Büro- und Geschäftshäuser. Mit aktuell etwa zehn Prozent des Gesamtumsatzes nimmt aber auch die Logistikbranche eine bedeutende Rolle ein. Hier sehen wir sehr schön die Vorteile unseres kompakten Logistikclusters. Im Durchschnitt fährt ein Lkw in Bremen nur zehn Kilometer leer bis zur nächsten Lastfahrt. Im Bundesdurchschnitt sind es dagegen rund 44 Kilometer. Wir haben eben kurze Transportwege und viel Ladung.
Leidet der Büromarkt noch unter dem Homeoffice-Trend?
Nein, der Bremer Büromarkt entwickelt sich stabil. Die Nachfrage nach Büroflächen liegt derzeit wieder auf dem Niveau vor der Pandemie mit einem prognostizierten Vermietungsumsatz von 90.000 bis 100.000 Quadratmetern. Das ist ungefähr der Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre. Zwar verändern sich Arbeitswelten durch agiles Arbeiten und
Coworking-Konzepte, doch der Bedarf an Arbeitsräumen bleibt grundsätzlich bestehen. Die Zahl der Bürobeschäftigten steigt sogar tendenziell in Bremen. Seit 2020 gibt es insgesamt 5000 Bürobeschäftigte mehr. Büroarbeitsplätze werden also gebraucht und nicht abgebaut. Das hat auch etwas mit Bremens starker Anziehungskraft als Oberzentrum zu tun. Wir erheben regelmäßig eine sogenannte Zentralitätskennziffer, um diese Anziehungskraft zu messen. Und sie steigt erfreulicherweise. Viele Firmen brauchen die Zentralität, die Urbanität, die guten Verkehrsanbindungen und entscheiden sich daher für einen Standort in Bremen. Gleichzeitig ist trotz der guten Vermietungssituation allerdings der Büroleerstand von 4,5 auf 5,4 Prozent gestiegen. Das ist für Bremer Verhältnisse recht hoch, aber im Bundesdurchschnitt noch annehmbar. Betroffen sind vor allem Flächen in älteren Büro-
immobilien, die heutigen Ansprüchen an Ausstattung, Energieversorgung und Flächenzuschnitt nicht mehr entsprechen. Positiv ist beim Thema Leerstand, dass rund 80 Prozent der im Bau befindlichen Büroprojekte bereits vorvermietet sind und diese neuen Vorhaben sehr gut vom Markt angenommen werden.
Rechnen Sie mittelfristig mit einer Belebung des hiesigen Gewerbeimmobilienmarktes?
Ja, durchaus. Bereits jetzt zeigt sich der Markt in einer Phase der Neuorientierung, in der sich Probleme wie hohe Zinsen und fehlendes Kapital allmählich etwas auflösen. Diese Neuordnung bringt eine gewisse Dynamik mit sich, die besonders in den Sektoren Logistik, Büro- und Geschäftshäuser spürbar ist. Es wird wieder mehr investiert, und der Markt bewegt sich zunehmend in Richtung eines neuen Gleichgewichts. Diese Entwicklungen lassen erwarten, dass der Bremer Immobilienmarkt auch in Zukunft resilient und attraktiv bleibt.
Wie sieht es derzeit mit den Mieten aus?
Besonders im Logistikbereich bleiben die Renditen attraktiv, während sie bei Büro-
immobilien moderater, aber auch stabil sind. Bei Wohnimmobilien, wobei wir hier nur den Neubau von Geschosswohnungsbau betrachten, steigen die Mieten in der Spitze, während Verkaufspreise stagnieren. Erwähnenswert finde ich auch die Entwicklungen bei den Mietpreisen von Einzelhandelsimmobilien in der Innenstadt. Dort sind die Mieten zuletzt im Schnitt gesunken, was andererseits aber auch neue Möglichkeiten eröffnet. So entsteht plötzlich Raum für innovative Geschäfts-
modelle, die sich zuvor die hohen Kosten nicht leisten konnten. Daraus können sich neue Chancen für eine Belebung der Innenstadt ergeben, da neue und kreative Konzepte einen Zugang finden. Das hat dann letztlich auch positive Effekte auf künftige Renditen.
Erwarten Sie zusätzliche Impulse durch die aktuellen Entwicklungen in der Innenstadt?
Die Bremer Innenstadt befindet sich derzeit in einem spannenden Wandel. Projekte wie der anstehende Umzug des Fachbereichs Rechtswissenschaft der Universität Bremen in das frühere Gebäude der Bremer Landesbank am Domshof und die geplante Neugestaltung des Parkhauses Mitte bringen ganz sicher eine neue Dynamik in die Innenstadt. Es gibt auch beim Einzelhandel immer wieder ermutigende Signale. Wir sehen bei Handelsverantwortlichen von globalen Einzelhandelsketten grundsätzlich ein hohes Interesse an Bremen und unterstützen bei der Suche nach Flächen. Auch fördern wir beispielsweise kleinere Einzelhandelskonzepte mit einer Anschubfinanzierung, was bereits zur Eröffnung neuer Angebote in der Innenstadt geführt hat. Interessant ist auch, dass durch Marktveränderungen Chancen für andere Nutzungen entstehen – etwa die Umwandlung von oberen Geschossen in Geschäftshäusern für Wohnzwecke. Ich bin mir sicher, dass die
Innenstadt von morgen viel Potenzial birgt.
Das Gespräch führte Guido Finke.