Zwischen Innovation und Hindernissen

Ein Rechenzentrum ist eine Immobilie, die speziell für die Unterbringung von IT-Geräten wie Computern, Speichermedien, Netzwerkelementen und der erforderlichen Infrastruktur konzipiert wurde. (Foto: M. Balk/dpa)

Bremen. Deutschland steht vor einer großen Aufgabe: Bis 2029 sollen schätzungsweise 28 Milliarden Euro in den Ausbau von sogenannten Colocation- und Hyperscaler-Rechenzentren fließen, wie aus einem Bericht des Branchenverbands German Datacenter Association (GDA) hervorgeht. Die Investitionen sind Teil des größeren Ziels, die digitale Infrastruktur des Landes zu stärken und die digitale Transformation sowie die wirtschaftliche Entwicklung voranzutreiben. Zur Erläuterung: Colocation-Zentren werden in der Regel von mehreren Kunden genutzt, und Hyperscaler-Einrichtungen sind besonders groß und leistungsfähig.

Der Boom setzt sich fort

Trotz erheblicher Investitionen und potenzieller Vorteile ist die Situation schwierig. Deutschland verfügt bisher nur über ein einziges Hyperscaler-Rechenzentrum – und der Weg zur Deckung des wachsenden Bedarfs
an IT-Rechenleistung ist mit zahlreichen Hürden gepflastert. Die steigende Nachfrage nach Cloud-Diensten, Big-Data-Analysen und KI-Technologien treibt das Wachstum der Branche voran, aber es gibt noch erhebliche Hindernisse zu überwinden.

Laut GDA-Bericht ist die Rechenzentrums-industrie mit einer ganzen Reihe von Problemen konfrontiert: Dazu zählen unter anderem begrenzte Ressourcen wie die Verfügbarkeit von Strom und Flächen ebenso wie regulatorische Hürden, Bürokratie und ein Mangel an Fachkräften. Angesichts dessen wird erwartet, dass sich die Kapazität des Colocation-Rechenzentrumsmarkts bis Ende 2029 mehr als verdoppeln wird. Diese Prognose spiegelt zwar ein deutliches Wachstumspotenzial wider – wie realistisch dieses Ziel angesichts der bestehenden Hindernisse ist, bleibt indes abzuwarten.

„Seit 2010 hat sich die benötigte Rechenleistung aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung aller Lebens-, Wirtschafts- und Forschungsbereiche verzehnfacht, was die zentrale Rolle von Rechenzentren für die hochverfügbare Bereitstellung digitaler Dienste und die Wahrung der digitalen Souveränität Deutschlands unterstreicht“, sagt Anna Klaft, Vorstandsvorsitzende des GDA. „Vor dem Hintergrund des deutschen Energieeffizienzgesetzes und der damit verbundenen Effizienzanforderungen wird die Notwendigkeit deutlich, durch Initiativen wie die ­Studie der GDA eine solide Datenbasis zu schaffen, um den Markt transparent zu machen und Potenziale realistisch einschätzen zu können.“

Die Studie zeigt auch, dass deutsche Rechenzentren bereits heute in hohem Maße auf erneuerbare Energien setzen, was für die Branche spricht. Etwa 88 Prozent ihrer Energie beziehen sie aus erneuerbaren Quellen. Diese Zahl ist beeindruckend, deutet jedoch auch darauf hin, dass es noch Raum für Verbesserungen gibt, insbesondere im internationalen Vergleich.

Planungssicherheit erforderlich

Eine weitere positive Entwicklung ist die potenzielle Nutzung der Abwärme von Rechenzentren, welche zur Reduktion des CO₂-Ausstoßes und zur Steigerung der Energieeffizienz beitragen könnte. Allerdings bleibt diese Möglichkeit bisher größtenteils ungenutzt, und es bedarf erheblicher Innovationen und konstruktiver Partnerschaften, um dieses Potenzial voll auszuschöpfen.

„Rechenzentren stehen bereit, ihre Abwärme abzugeben“, erklärt Anna Klaft. „Doch das erfordert Planungssicherheit und die konstruktive Zusammenarbeit von Kommunen, Gesetzgeber und Betreiber von Rechenzentren bei diesem komplexen Thema. Gelingt dies, können Rechenzentren maßgeblich zur Umsetzung der kommunalen Wärmeplanung beitragen und damit die Energiewende im Wärmesektor unterstützen.“

Der GDA ruft zu einem verstärkten Dialog und einer intensiveren Zusammenarbeit auf, um die Energiewende und die digitale Transformation in Deutschland zu unterstützen. Es ist jedoch ein Balanceakt zwischen Wachstum, Nachhaltigkeit und den realen Hindernissen, denen sich die Rechenzentrumsindustrie in den kommenden Jahren stellen muss.

Von Guido Finke