Textilbranche treibt Einzelhandel in Deutschland an

Im Aufwind: Der Textilsektor übertraf die Erwartungen in einem wettbewerbsintensiven Jahr. (Foto: Martin Schutt)

Bremen. Trotz anhaltender wirtschaftlicher Herausforderungen erlebte der deutsche Einzelhandel, insbesondere der Textilsektor, im Jahr 2023 ein Comeback bei vermieteten
Flächen. Dies zeigt sich laut einer Studie des Immobiliendienstleisters JLL in einem deutlichen Anstieg der vermieteten Ladenflächen um sieben Prozent auf 449.500 Quadratmeter. Die Textilbranche spielte dabei eine Schlüsselrolle, indem sie 185.000 Quadratmeter – 41 Prozent des Gesamtflächenumsatzes – für sich beanspruchte. Besonders gefragt waren großflächige Ladenlokale, in denen der Textilhandel 56 Prozent seiner Neuanmietungen tätigte.

Interessanterweise verlief die Entwicklung in den Innenstädten überwiegend gegen den Trend der vergangenen Jahre. Die Anzahl der Geschäftsabschlüsse ging um vier Prozent
auf 878 zurück, doch übertraf der Markt erstmals seit dem Jahr 2019 den eigenen Fünfjahresschnitt von 444.000 Quadratmetern. Dies deutet auf eine verstärkte Fokussierung auf qualitativ hochwertige Standorte sowie eine strategische Neuausrichtung im Einzelhandel hin.

Personalmangel wirkt sich aus

Die Gastronomie- und Food-Branche, die während der Pandemie noch mit dem Textilhandel um die Führung kämpfte, musste sich mit dem zweiten Platz begnügen. Sie beanspruchte 22 Prozent der Gesamtfläche, was 99.000 Quadratmetern entspricht. „Zwar ist die Nachfrage da, sodass die Gastronomie weiter expandieren könnte, doch fehlt es an Personal, und durch die Mehrwertsteuererhöhung sowie gestiegene Lieferkosten sind die finanziellen Belastungen deutlich gestiegen“, erklärt Aniko Korsos, die den Bereich Retail Leasing bei JLL Germany leitet. „Beachtet man noch den Mindestlohn, ziehen internationale Konzepte die Expansion in Nachbarländern – allen voran auch starke Wachstumsmärkte wie beispielsweise Polen – vor, ehe sie nach Deutschland kommen.“

Auffallend ist der Rückgang von Neuanmietungen durch Innenstadt-Möbelkonzepte, die in der Pandemiezeit noch boomten. Dies deutet auf eine gewisse Marktsättigung hin, da die Verbraucher nun wieder mehr reisen und weniger in das häusliche Umfeld investieren.

Immerhin 54 Prozent der Neuvermietungen auf dem deutschen Markt entfielen 2023 auf internationale Konzepte. Besonders die großen Metropolen standen im Fokus – mit 48 Prozent der Neuanmietungen in den zehn größten Städten. Heraus­ragend war dabei Hamburg – die Hansestadt katapultierte an die Top-Position. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Flächenanmietung dort um beeindruckende 165 Prozent.

Die Spitzenmieten in den Hochburgen zeigten sich in vier Städten stabil, wobei München (340 Euro) und Berlin (290 Euro) vorn lagen. In sechs weiteren Städten gingen die Mieten leicht zurück, mit dem auffälligsten Minus von sechs Prozent in Hamburg (250 Euro). Zum Vergleich: Der Wert für Hannover sank um drei Prozent auf 170 Euro.

In Bremen betrug die Spitzenmiete für
Einzelhandelsimmobilien nach Angaben des Statistischen Bundesamts im vergangenen Jahr unterdessen 108 Euro pro Quadratmeter (2022: 112 Euro).

Markt im Wandel

Insgesamt spiegeln diese Entwicklungen eine Anpassungsfähigkeit des deutschen Einzelhandels wider, die auf einen positiven Trend in einem sich ständig wandelnden Markt hoffen lässt.

Von Guido Finke