Das ungenutzte Potenzial von Hallen

Für den Einsatz von Solaranlagen bieten Logistikimmobilien sehr gute Voraussetzungen. (Foto: Freepik)

Bremen. Logistikimmobilien galten lange Zeit als rein funktionale Gebäude – massive Betonklötze, die große Flächen beanspruchen und in ihrer Bauweise kaum auf Nachhaltigkeit ausgerichtet schienen. Doch dieses Bild wandelt sich zunehmend. Moderne Lagerhallen und Verteilzentren entwickeln sich nicht nur zu hoch effizienten Energiesparern, sondern avancieren immer mehr zu aktiven Produzenten von Ökostrom. Damit haben sie das Potenzial, eine bedeutende Rolle in der kommunalen Wärmeplanung (KWP) einzunehmen, die den Weg zu einer klimaneutralen Zukunft ebnen soll.

Die KWP sieht vor, dass bis zum Jahr 2045 alle Städte und Kommunen in Deutschland klimaneutral mit Wärme versorgt werden. Dies ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit, insbesondere für Städte, die auf fossile Energieträger angewiesen sind. Ein Baustein zur Lösung dieses Problems könnten Logistikimmobilien sein. Experten betonen, dass diese Gebäude eine sehr gute Chance bieten, um den Wärmebedarf von Städten auf klimafreundliche Weise zu decken. Vor allem Photovoltaikanlagen (PV), die auf den weitläufigen Dachflächen installiert werden können, sind dabei ein entscheidender Faktor.

Den Dialog anstoßen

Um den genauen Beitrag von Logistikimmobilien zur kommunalen Wärmeplanung zu beleuchten, hat die Initiative Logistikimmobilien (Logix) eine umfassende Studie in Auftrag gegeben. Diese soll analysieren, wie Logistikimmobilien die Wärmeversorgung von Städten und Gemeinden unterstützen können und in welchen Bereichen dringend Handlungsbedarf besteht. Ziel ist es, durch konkrete Vorschläge und innovative Lösungsansätze den Dialog zwischen Städten und der Immobilienbranche anzustoßen.

Mit ihren großen Flächen bieten Logistikimmobilien eine ideale Basis für die Installation von PV-Anlagen. Ein praktisches Beispiel hierfür ist die Nutzung der Dächer und Fassaden für die Erzeugung von Solarstrom, der nicht nur den Betrieb der Immobilie selbst versorgt, sondern auch in das lokale Netz eingespeist werden kann. Dies ist besonders in urbanen Gebieten von Vorteil, wo der Platz für großflächige Solarparks oft knapp ist.

Darüber hinaus könnten Logistikimmobilien als sogenannte Energie-Hubs fungieren, die nicht nur Strom erzeugen, sondern diesen auch in Form von Wärme zur Verfügung stellen. Eine mögliche Lösung ist die Integration von Wärmepumpen, die die Umgebungsluft oder das Erdreich zur Wärmegewinnung nutzen. In Verbindung mit den erzeugten Stromüberschüssen könnten solche Technologien ein wichtiger Baustein für die Wärmewende in Städten sein.

Neben der wissenschaftlichen Analyse und dem kommunalen Dialog fördert die Logix-Initiative Logistikimmobilien auch vorbild­liche Projekte. Der alle zwei Jahre verliehene „Logix-Award“ zeichnet besonders innovative und nachhaltige Logistikimmobilien aus.

Potenzial besser nutzen

Zwar sind längst nicht alle Dächer von Logistikimmobilien für die Installation von Solaranlagen geeignet, doch das vorhandene Potenzial bleibt oft ungenutzt. Selbst bei neuen Hallen wird der Einbau von Solarpaneelen nicht standardmäßig vorgesehen. In den vergangenen zehn Jahren sind in Deutschland dem
Immobilienberatungsunternehmen JLL zufolge etwa 50 Millionen Quadratmeter Dachfläche durch Neubauten von Logistikimmobilien entstanden, von denen rund 30 Millionen Quadratmeter für Photovoltaikanlagen geeignet wären. „Diese ungenutzten Flächen sollten wir stärker in die Nachhaltigkeitsplanungen einbeziehen“, betont Sarina Schekahn (JLL). „Investoren und Mieter priorisieren zunehmend Immobilien, die ihren Beitrag zu einer nachhaltigen Zukunft leisten.“

Zudem steigt der Energiebedarf in vielen Industriegebäuden stetig an. „Immer mehr Lagerhäuser sind auf Automatisierung, Robotik und Elektroflotten angewiesen und haben einen erhöhten Energiebedarf, der durch erneuerbare Energien vor Ort wirtschaftlicher gedeckt werden könnte“, so Schekahn. Gerade in den Bereichen Produktion und Logistik, wo es um die Reduzierung von Stillstandszeiten und Betriebskosten geht, könnten Photovoltaikanlagen die Energieeffizienz deutlich steigern. Gleichzeitig würden sie mehr Unabhängigkeit schaffen und zu erheblichen Kosteneinsparungen führen.

Von Guido Finke