Caspar Schmitz-Morkramer: "Was sich jetzt bewährt hat, werden wir auch beibehalten. Diese Entwicklung lässt sich nicht mehr zurückdrehen. Weiterhin glaube ich an eine Sehnsucht und Notwendigkeit nach einem Arbeitsplatz."
Bremen. Corona hat in vielen Wirtschaftsbereichen das Arbeiten nach Hause verlagert und das Homeoffice salonfähig gemacht. Und somit den Untergang von Büroimmobilien eingeleitet? Der Architekt Caspar Schmitz-Morkramer beschäftigte sich bereits vor Corona mit der Zukunft des Handelns in unseren Städten und zeichnet ein Bild, in dem das moderne Büro und das zwangsweise aufgekeimte Arbeiten von zu Hause koexistieren.
Mit Blick auf die Corona-Pandemie sei zumindest klar, dass das, was sich jetzt hinsichtlich der Arbeitskultur bewährt habe, beibehalten und nicht zurückgedreht werde, so Schmitz-Morkramer im Interview mit Andreas Grosz vom KAP Forum für Architektur, Design und Technologie. Dass das sogenannte Remote Arbeiten, also das Arbeiten von jedem beliebigen Ort aus, in vielen Unternehmen besser funktioniert habe als erwartet, sei ein Grund dafür. Büroimmobilien werden dennoch nicht von jetzt auf gleich verschwinden. „Weiterhin glaube ich an eine Sehnsucht und Notwendigkeit nach einem Arbeitsplatz. Die Entwicklung der letzten Jahre, die den Arbeitsplatz zu einem Erlebnisort verwandelt hat, trifft den Zahn der Zeit“, sagt der Architekt weiter.
Die Beschreibung des Arbeitsplatzes als Erlebnisort verdeutlicht bereits, dass in den Augen Schmitz-Morkramers Arbeitgeber maßgeblich die Attraktivität - und somit auch die Bedeutung - von Büroimmobilien mitgestalten können: „Aufgrund der Möglichkeiten der Digitalisierung in vielen Bereichen von überall aus arbeiten zu können, müssen sich die Arbeitgeber überlegen, wie attraktiv gestalte ich meine Arbeitsplätze, damit meine Mitarbeiter gerne und oft ins Büro kommen.“
Ferner seien aber auch dezentrale Strategien denkbar, die sich eher an den Bedürfnissen und Standorten der Mitarbeiter orientieren. „Arbeitsplätze sollten dort geschaffen werden, wo Menschen sind, wo sie gut und schnell hinkommen können. Da der Arbeitsplatz nicht mehr an einen speziellen Tisch gebunden ist, kann das Arbeiten dezentral auch an ganz unterschiedlichen Orten stattfinden. Eine Herausforderung für den Wohnungsbau“, sagt Schmitz-Morkramer.
Ob Schaffung von Erlebnisorten im Bereich der Gewerbeimmobilien oder Wohnungsbau mit Arbeitsplatzqualitäten, die Identität der jeweiligen Stadt müsse erkannt und berücksichtigt werden, um einem schleichenden Identitätsverlust entgegenzuwirken. „Umso wichtiger ist es, dass sich jede Stadt über ihre eigene DNA bewusst wird und diese formulieren kann. Architektur muss aus dem Verständnis des Ortes und der Bedürfnisse der Menschen und nicht aus formalen Moden heraus entwickelt werden“, bringt es Caspar Schmitz-Morkramer auf den Punkt.
(Autor: Julian Kloß / Foto: AKIM Photography)