Ferienhotellerie und Corona

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Besonders Küstenregionen könnten nach der Corona-Krise vom hohen Anteil an inländischen Touristen in Deutschland profitieren.

Bremen. Wo weiterhin leere Betten auf Touristen und Reisende warten, hauste im ersten Quartal 2020 noch volle Investierfreude. Denn der deutsche Hotelinvestmentmarkt kann gemäß der Hotels & Hospitality Group von JLL, Germany für die ersten drei Monate noch ein starkes Transaktionsvolumen vorweisen. Dafür wurden Einzeltransaktionen mit einem Investitionsvolumen von mindestens 5 Millionen Euro und Portfoliotransaktionen mit Objekten ausschließlich in Deutschland berücksichtigt. Ebenso enthalten sind deutsche Hotels, die als Teil von grenzüberschreitenden Portfolioverkäufen veräußert werden.

Knapp eine Milliarde Euro - bei 27 registrierten Transaktionen, zu einem deutlich überwiegenden Teil mit deutschem Kapital - sorgt demnach für ein Plus von 67 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Quartalsbasiert wird der Zehnjahresschnitt von 473 Millionen Euro mehr als verdoppelt, auch der Fünfjahresschnitt (730 Millionen Euro) ist um 35 Prozent übertroffen.

Die nackte Statistik für das erste Quartal lasse die Auswirkung von COVID-19 insofern noch nicht erkennen. „Das Marktgeschehen im Hintergrund schon“, so Heidi Schmidtke, Managing Director der JLL Hotels & Hospitality Group. Schmidtke erläutert: „Die operativen Märkte, aber noch nicht die Investmentmärkte, waren ab März spürbar von der Ausbreitung der Pandemie betroffen. Die tatsächlichen Auswirkungen - deren Stärke von der Dauer der Einschränkungen abhängen werden - werden insofern also erst ab dem zweiten Quartal greifbar sein. Dann wird man die Corona-Folgen auch an den Zahlen ablesen können.“

Bleibt zu hoffen, dass die Vorteile der hiesigen Ferienhotellerie die Folgen für Hoteliers selbst zumindest teilweise mindern können. Martin Schaffer, Geschäftsführer und Partner von MRP hotels, sieht diesbezüglich starke Unterschiede zwischen Deutschland und zum Beispiel Österreich: „Der Anteil an inländischen Touristen in Deutschland ist enorm hoch. Während Bayern mit 20 Prozent Auslandsanteil möglicherweise etwas stärker betroffen sein wird, leben die Bundesländer an der Küste stark von Inlandsgästen und erwarten weniger Nachfrageeinbruch. Der Inlandsanteil liegt hier bei 90 Prozent oder mehr. Die Hoteliers im Reiseweltmeister-Land Deutschland haben ein Potenzial von 50 Millionen Urlaubsreisen, die üblicherweise ins Ausland gehen, vor sich.“

Dennoch müsse sich an die neue Corona-Realität angepasst werden. „Die Effekte lassen sich nur durch sehr spezielle und individuell zugeschnittene Lösungen mindern, beispielsweise durch neue Restaurantkonzepte, die Richtung à la carte gehen und Massenabfertigungen an Buffets vermeiden. Gleichzeitig sollte man auch dem Trend zum Remote Working, der sich durch die Krise etabliert hat, folgen und vermehrt die digitale Infrastruktur zur Verfügung stellen, die es ermöglicht, auch im Hotel arbeiten zu können”, erklärt Olaf Steinhage, Managing Partner bei MRP hotels.

(Autor: Julian Kloß / Foto: Chantal Weber)