Über die TV-Freiheit für Mieter: „Nicht Äpfel mit Birnen vergleichen“

Auch beim TV lohnt es sich, Angebote zu vergleichen: Welche Sender gibt es in welcher Auflösung zu welchem Preis? (Foto: Britta Pedersen /dpa-tmn)

Bremen. Nebenkostenprivileg – so nennt sich das Recht von Vermietern, die Kosten eines Gruppenvertrags für Kabel-TV auf die Mieter umzulegen. Damit ist ab dem 1. Juli Schluss. Von da an können Mieterinnen und Mieter TV-Empfangsweg und Anbieter frei wählen – oder natürlich auch ganz auf lineares Fernsehen verzichten. Und wer das Kabel-TV einfach nur loswerden will, muss nichts weiter tun. Alles, was von der Änderung Betroffene sonst noch wissen sollten, erklärt Michael Gundall, Fachberater für Digitales bei der Verbraucherzentrale.

TV-Anbieter haben begonnen, um Wechselkunden zu werben, teils auch mit Freimonaten, wenn schon jetzt ein Vertrag abgeschlossen wird. Was ist davon zu halten?

Michael Gundall: Es ist genau das eingetreten, was wir vorhergesagt haben. Es kommt Wettbewerb in Gang. Und letztendlich macht da jeder sein Angebot auf einem freien Markt. Wenn ein Anbieter etwa sagt, „solange du noch über das Nebenkostenprivileg gebunden bist, stellen wir die Zahlung frei“, einfach um etwas Neues auszuprobieren, dann spricht da nichts dagegen.

Und wie lange binde ich mich bei einem neuen Vertrag?

Da kommt es immer darauf an. Kabel-TV-Einzelverträge haben meist eine Mindestvertragslaufzeit von 24 Monaten. Aber bei den Streaming-Anbietern, da gibt es durchaus auch monatlich kündbare TV-Tarife.

Welche Kosten kommen auf mich zu, wenn ich einen Einzelvertrag beim jetzigen Kabel-TV-Anbieter abschließe? Und wie ist das Preisniveau bei der Konkurrenz?

Wenn ich beim Kabelfernsehen bleibe, dann bin ich bei rund 10 Euro. Wenn ich in einem Hochhaus wohne, dann sind es vielleicht nur 7,99 Euro oder 8,99 Euro. Das wird immer individuell vereinbart. Bei Streaming-Abos fängt das bei 6,50 Euro an. Allerdings muss man da differenzieren. Wenn ich jetzt mit Einzelnutzervertrag beim Kabel-TV bleibe, erhalte ich für die rund 10 Euro nur die öffentlich-rechtlichen Sender in HD-Qualität und die privaten in SD-Qualität. Für die Privatsender in HD-Qualität brauche ich meist ein teureres Abo. Für rund 7 Euro sind bei den Streaming-Anbietern auch die privaten Sender in HD mit dabei. Da muss man aufpassen, dass man nicht Äpfel mit Birnen vergleicht.

Zu welcher Strategie oder Empfangstechnologie würden Sie betroffenen Mieterinnen und Mietern raten?

Jeder hat andere Sehgewohnheiten. Bei jemandem, der mit Internet nichts am Hut hat, würde ich mich schwer damit tun, einen Streamingdienst zu empfehlen. Hier würde ich eher dazu raten, beim Kabelfernsehen zu bleiben. Aber viele haben keine Hemmungen, auf ein Streaming-Angebot umzusteigen. Oder auch auf DVB-T2 HD, das Fernsehen über Antenne. Dann kann man zumindest die Öffentlich-Rechtlichen kostenlos gucken, Privatsender liegen bei 7,99 Euro pro Monat. Und wenn jemand eine große Sendervielfalt haben will und einen Balkon mit Südostausrichtung hat, dann stellt der sich eine Satellitenschüssel darauf. Steht diese auf einem Ständer, muss der Vermieter nicht um Erlaubnis gefragt werden.

Wenn jemand Kabel-TV nicht mehr möchte, aber vielleicht Internet und Telefon über Kabel behalten möchte, ist das möglich?

Ja, das geht. Es gibt für die Kabeldosen Teilsperrungen für Fernsehen und Radio. Und dort, wo das Kabelmodem angeschlossen wird, bleibt der Anschluss frei. Ausnahmen kann es bei kleinen Kabelanbietern geben, die das nur in Kombination anbieten. Das ist aber eine unternehmerische Entscheidung. Rein technisch gesehen ist das nicht notwendig.

Was passiert schlimmstenfalls, wenn ich als Betroffener bis zum Stichtag untätig bleibe?

Bis zu dem Punkt, wo das Kabel abgeklemmt wird, wird man als Mieter in der Regel mehrmals informiert. Dass dann wirklich abgeklemmt wird, kommt nur in ganz seltenen Fällen vor. Meistens läuft es so ab, dass zum einen vielleicht der Vermieter informiert, zum anderen der Kabelnetzbetreiber im Haus Aushänge macht.

Das Gespräch führte Dirk Averesch.

ZUR PERSON

Michael Gundall

ist Fachberater für Digitales bei der Verbraucherzentrale und rät, auch beim TV Angebote zu vergleichen.