Zwei in eins: Wie funktioniert ein Solargründach?

Kann man auf Flachdächern gut kombinieren: Pflanzen und Solaranlagen. (Foto: Daniel Ingold/dpa)

Bremen. Es ist kein Geheimnis – Flachdächer kann man gut nutzen: Um auf ihnen eine Photovoltaik-Anlage unterzubringen und eigenen Solarstrom zu gewinnen etwa. Oder um Pflanzen wachsen zu lassen, dort wo sonst eher Steinwüste ist. Praktisch: Oft muss man sich gar nicht zwischen der PV-Anlage und dem bepflanzten Gründach entscheiden. Beides lässt sich gleichzeitig realisieren, auf ein und demselben Dach.

Solargründach nennt sich diese Mischung. Dann bleibt zwar etwas weniger Platz für Solarmodule auf dem Dach übrig, sagt Annika Dobbers von der Verbraucherzentrale. Doch dafür gibt es wechselseitige Vorteile. Etwa für die Leistung der PV-Anlage. „Pflanzen kühlen PV-Anlagen, die sich im Sommer, wenn die Sonne darauf scheint, aufheizen, und, wenn sie zu heiß werden, nicht mehr so viel Ertrag bringen“, so Dobbers.

Und auch für die Auswahl an Pflanzen, die man aufs Dach bringen kann, hat die Doppelnutzung ihr Gutes. „Durch die Solarmodule habe ich einen Teil des Dachs verschattet. Das heißt, ich kann mehr unterschiedliche Pflanzen anpflanzen. Also sowohl solche, die für Sonne geeignet sind als auch solche für Halbschatten und Schatten“, sagt die Verbraucherschützerin. Davon profitieren Insekten und Vögel, die ganz unterschiedliche Pflanzen bevorzugen - und damit letztendlich auch die Artenvielfalt.

Auf die Statik kommt es an

Noch ein Pluspunkt, diesmal für die Abdichtung des Flachdachs: Die halte Dobbers zufolge mit einer Begrünung auf dem Dach nämlich ungefähr zwei- bis dreimal so lange wie ohne. Und Gründächer können für ein besseres Mikroklima sorgen, indem sie Luft in ihrer unmittelbaren Umgebung durch Verdunstung kühlen. Bei Starkregen entlasten sie die Kanalisation.

Klingt gut. Doch auf welchem Dach lässt sich so ein Nutzungsmix tatsächlich realisieren? Hier spielt zunächst einmal die Neigung des Dachs eine Rolle. Die darf Dobbers zufolge fünf Grad nicht überschreiten, zumindest wenn die Solarmodule im üblichen – auflastgehaltenen – Montagesystem aufgestellt werden sollen.

Und dann geht es natürlich um die Statik. Schließlich kann so ein Quadratmeter Gründach bis zu 180 Kilogramm schwer sein, wenn er denn mit Wasser vollgesogen ist. Kommt dann noch das Gewicht der Solarmodule hinzu, kann ein Dach an seine Belastungsgrenze kommen – oder darüber hinaus. Wer sich also überlegt, ein Solargründach auf dem Wohnhaus oder der Garage anzulegen, sollte zunächst die statischen Berechnungen des Dachs in den Blick nehmen oder die Statik überprüfen lassen. Bei kleineren Nichtwohngebäuden in Fertigbauweise wie Fertiggaragen, Gartenhäuschen oder Carports findet man Informationen zur maximalen Dachlast in den Herstellerangaben.

Wer sich Gedanken macht, wie viel Aufwand man sich mit einem solchen Solargründach aufhalst, kann allerdings beruhigt sein. Geht man bei der Pflanzenauswahl klug vor, muss man nicht viel öfter auf dem Dach nach dem Rechten sehen, als das auch bei einem gewöhnlichen Gründach der Fall wäre: Laut Dobbers etwa zweimal im Jahr. Und dann vor allem, um unerwünschte Unkräuter und Pflanzen auszureißen, die sich über Samen angesiedelt haben und höher als 30 Zentimeter wachsen. Sie könnten die Solarmodule verschatten – und so deren Leistung beeinträchtigen.

Überhaupt: 30 Zentimeter. Höher sollten Pflanzen auf dem Solargründach nicht wachsen, um nicht über die Unterkante der PV-Module hinauszuragen. Und sie sollten, sagt Annika Dobbers, insgesamt „ziemlich robust“ sein und einen geringen Pflegebedarf haben. „Außer man möchte alle paar Wochen aufs Dach“. Das heißt, die Pflanzen sollten gut
mit Trockenheit klarkommen, mit Wind und Frost – und mit wenigen Nährstoffen. Statt in den Garten oder Blumenkasten werden sie schließlich häufig in eine verhältnismäßig eher dünne Substratschicht auf dem Dach gesetzt. Gut für solche Bedingungen eignen sich Dobbers zufolge etwa viele Sedumarten oder auch Kräuter wie Thymian.

Förderung möglich

Und wie viel kostet so ein Solargründach nun? Das hängt natürlich von den jeweiligen Gegebenheiten vor Ort ab, von den ausgewählten Pflanzen, den beauftragten Fachbetrieben, den jeweiligen Solarmodulen. Annika Dobbers hat mit Kollegen eine Beispielrechnung für ein 18 Quadratmeter großes Garagendach aufgestellt – und einen Preis von 1800 Euro rein für die Begrünung des Dachs durch einen Fachbetrieb errechnet. Für die PV-Anlage mit drei Kilowatt Peak-Leistung kämen in dieser Rechnung dann zusätzliche 4800 Euro hinzu. „Für alles zusammen wäre das ein Preis von ungefähr 6600 Euro“, sagt die Expertin. Eine ungefähre Hausnummer, die aber natürlich variieren kann.

Die gute Nachricht allerdings: Sowohl für Solaranlagen als auch für Dachbegrünungen gibt es Fördermittel. So wird die Installation einer Solaranlage etwa von vielen Städten und Kommunen bezuschusst. Über das EEG-Gesetz werden Solaranlagen zudem bundesweit unterstützt.

Übrigens: Nicht immer ist ein Solargründach eine Frage des eigenen Geschmacks. In Hamburg etwa werden Solargründächer für Neubauten und Dachsanierungen ab 2027 Pflicht, zumindest wenn bestimmte Voraussetzungen gegeben sind.

Von Jessica Kliem/dpa