Horn-Lehe: Bildung, Sport und Technologie

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Die Brachfläche in der Mary-Astell-Straße, auf der ein Studentenwohnheim errichtet werden soll. (Foto: Jonas Völpel)

Horn-Lehe ist einerseits ein Stadtteil, der durch eine ältere Bevölkerung in zwei von drei Ortsteilen geprägt wird. Auf der anderen Seite hat Horn-Lehe – dessen Einwohner, ob aus Lehesterdeich, Horn oder Lehe, sich einheitlich als Horner bezeichnen – durchaus ein junges Image. Nicht nur, weil der Stadtteil Standort des Bremer Technologieparks mit Weltraumtechnik, Fallturm und vielen weiteren innovativen Unternehmen und Forschungsrinrichtungen ist, sondern auch, weil die Universität Bremen die jungen Menschen in die Quartiere Horn-Lehes zieht.  

Vergleicht man Horn-Lehe mit den Stadtteilen Neustadt, Osterholz oder Obervieland, die ähnlich viel Fläche haben, ist Horn-Lehe mit rund 26 000 Hornern auf einer Fläche von 1405 Hektar eher dünn besiedelt. Schon deshalb ist der Zusammenhalt umso wertvoller. Die stellvertretende Beiratssprecherin Catharina Hanke fungiert als Mediatorin, damit dieser Zusammenhalt wachsen kann – auch im Fall eines geplanten Studenten-Wohnheims in der Mary-Astell-Straße, wo Anwohner durch die potentiell neuen Nachbarn Lärm, Parkplatzprobleme und mehr Verkehr im eigenen Quartier befürchten.

Hanke zufolge sei Kommunikation wichtig, damit die zuziehenden Studenten und die langjährigen Anwohner keinen schlechten Start miteinander hätten. „Mein Ziel ist es, dass sich alle Menschen hier wohlfühlen“, sagt Hanke und betont dabei, dass Wohnraum für Studenten zwar vorhanden sei, dass dieser aber auch bezahlbar sein müsse. „Darum waren wir eigentlich sehr froh, als die Firma Miditec an uns herantrat und uns das Bauvorhaben vorstellte.“ Die Uni-Nähe des geplanten Wohnheimes ist für Hanke dabei ein Pluspunkt, die Parkplatzsituation dagegen ein Minuspunkt.  

Statistisch zählt der Stadtteil zu den eher privilegierten Bremens. Horn-Lehes Ortsamtsleiterin Inga Köstner sagt dazu: „Es heißt ja nicht, dass aufgrund einer deutlich über dem Durchschnitt liegenden Einkommensstatistik der Stadtteil in all seiner Vielfalt privilegiert ist.“

Die Ortsteile Horn und Lehesterdeich sind diejenigen, die vom Altersdurchschnitt eher höher anzusiedeln sind, während Lehe allgemein als der vom Altersdurchschnitt jüngere Ortsteil gilt. Hier liegt auch die Mary-Asell-Straße, in der das neue Studenten-Wohnheim entstehen soll. Jens Tittmann, Pressesprecher des Senators für Umwelt, Bau und Verkehr, befürwortet das Projekt: „Wir gehen grundsätzlich davon aus, dass studentisches Wohnen und das dort befindliche Wohnen verträglich sind.“ Das letzte und entscheidende Wort zum Bau in der Mary-Astell-Straße hat jedoch die Deputation für Umwelt, Bau, Verkehr, Stadtentwicklung, Energie und Landwirtschaft. „Wir haben das abgewogen und werden unsere Empfehlung an die Deputation aussprechen“, sagt Sprecher Tittmann.  

Etwas anders sieht das Herta Hanebuth, Sprecherin der Anwohnerschaft. Sie sagt: „Wohnen soll hier nicht stattfinden! Nur deswegen sind wir hier alle hergezogen. Büros sollten hier sein.“ Und jetzt sollen 110 Studentenwohnungen mit jeweils 20 Quadratmetern Fläche in der Mary-Astell-Straße gegenüber den Wohnungen der Anwohnerschaft entstehen. Stefanie Draheim, ebenfalls Anwohnersprecherin, bemängelt die ihrer Ansicht nach undurchsichtigen Planänderungen. „Erst hieß es 92 Wohnungen, dann 96, jetzt 110. Man weiß nicht genau, was auf einen zukommt.“ Catharina Hanke aus dem Beirat sagt: „Die Auslegung hat ja noch nicht stattgefunden. So wie ich hörte, findet sie frühestens im Oktober statt. Da muss man dann genau drauf gucken. Bei uns im Protokoll standen auch 92 Wohnungen.“

Draheim befürchtet, dass der Lärm schlimmer werde, würde das neue Wohnheim gebaut: „Mein erster Gedanke, als wir von dem Bauvorhaben erfuhren, war: Ach du Schande! Ein Wohnheim ist bereits am Ende der Straße, eines schräg hinter uns. Dann haben wir auf der anderen Seite das Berufsbildungswerk, wo auch viele junge Leute wohnen. Was wir auch regelmäßig hören, sind die Parties von der Universität.“ Oftmals wüsste sie nicht, von wo der Lärm kommt. Wann es laut wird, darüber gibt es ein Protokoll. „Grundsätzlich Freitag und Samstag, wir haben es aber auch schon oft erlebt, dass es hier in der Woche Feiern gibt“, sagt Hanebuth.

Bauressort-Sprecher Jens Tittmann kann die Kritik der Anwohner nicht ganz nachvollziehen: „Wenn Studenten unzulässig viel Lärm zum Beispiel während einer Party machen, steht es jedem frei, sich an die Polizei zu wenden.“ Er fügt hinzu, dass es um menschliches Zusammenleben gehe. 

Auch eine nahe gelegene Gastwirtschaft ist eine Lärmquelle in den Augen der Anwohner. Die Parkplatzproblematik und Lärmbelästigung durch wachsenden Verkehr kämen hinzu: „Momentan hat man hier noch die Chance, auf den Firmenparkplätzen zu parken. Hier werden aber demnächst Schranken installiert und dann gibt es zusätzliche Autos am Straßenrand.“ Durch das Studentenwohnheim würde sich das noch verschärfen, sagt die 44-jährige Stefanie Draheim. Ein Stellplatz pro Anwohner ist in der im Haus befindlichen Tiefgarage vorgesehen, was aber laut Draheim nicht ausreiche. Tittmann bezweifelt hingegen, dass derart viele Studenten, die möglicherweise künftig dort wohnen, mit einem Pkw anreisten.

Angedacht ist ein Schlüssel von 1:6, das bedeutet, ein Stellplatz auf sechs Studenten gerechnet. Für Hanebuth unbegreiflich: „Das ist eine Sondergenehmigung, in Bremen gilt ein Schlüssel von 1:5.“ Sie verbindet damit mangelnden Respekt gegenüber der Anwohnerschaft: „Wenn das Recht gerade nicht passt, streiche ich das eben – was ist das denn?“  

Ursprünglich war an dieser Stelle in der Mary-Astell-Straße kein Wohnen vorgesehen. Lediglich für technologieorientierte Unternehmen und die zugehörige Bebauung ist das Grundstück gedacht. Nun soll der Bebauungsplan geändert werden, damit die 2850 Quadratmeter große Baulücke geschlossen und das Wohnheim errichtet werden könnte. Zum Unmut vieler Anwohner und der 66-jährigen Herta Hanebuth: „Wir finden es nicht in Ordnung, dass wir hergezogen sind, mit dem Versprechen, dass hier nur Technologie hinkommt.“ Hoffnung hätten sie keine mehr in Bezug auf das Bauvorhaben „Wir sehen nur Nachteile für uns. Wir sind von Studentenwohnheimen umzingelt und sehen da nicht viel Positives“, sagt Stefanie Draheim.

Die stellvertretende Beiratssprecherin Catharina Hanke sagt: „Man braucht gegenseitiges Verständnis, das kriegen wir auch hin, da bin ich ganz sicher. Ich möchte auch, dass die Menschen, die sich hier ihr Eigentum gekauft haben, sich wohlfühlen.“ Horn-Lehe legt in der Stadtteilentwicklung Wert darauf, dass Studieren und Forschen mit Wohnen und Arbeiten verbunden wird. Und generell sagen auch die Anwohnersprecherinnen aus der Mary-Astell-Straße: „Wir wollen ja ein Miteinander, aber es müssen eben beide Seiten ein Miteinander wollen. Wir haben nichts gegen junge Menschen und auch nichts gegen Studenten.“ (Autorin: Annika Mumme)