Rund 60 000 Fahrzeuge passieren täglich die Kreuzung in Kattenturm. Für den Anschluss der A 281 soll der Verkehrsknotenpunkt komplett umgebaut werden. (Studio b Bremen)
Aus Arsten, Kattenturm, Kattenesch und Habenhausen wurde 1962 Bremens jüngster Stadtteil: Obervieland. Da zum Teil eigenständige Gemeinden zusammengeschlossen wurden, sehen viele eher das eigene Quartier als Zuhause, weniger Obervieland insgesamt.
Es gibt aber durchaus Themen, bei denen sich die Obervielander einig sind: Die Angebote im Stadtteil seien zu knapp – gerade bei Kultureinrichtungen und Freizeitbeschäftigungen für Jugendliche. Auch in Sachen Lärm- und Abgasminderung steht Obervieland überwiegend zusammen. Wobei die einen – wie etwa in Kattenturm – stärker betroffen sind, als Menschen in anderen Ortsteilen. Für ein Nachtflugverbot und sogenannte Flüstermaschinen setzen sich Anwohner Obervielands bereits seit Jahren ein.
Und nur wenige Meter Luftlinie von der „Lärmbelastung Flughafen“ entfernt gibt es ein weiteres Streitthema, welches die Obervielander mit Ortspolitik, Planungsinstitutionen, dem Land Bremen und überdies mit dem Bund austragen: Projekt-Riese Autobahn 281 mit dem Bauabschnitt 2/2, der die Neustadt und Obervieland betrifft.
1983 taucht die Stadtautobahn erstmals im Flächennutzungsplan Bremens auf. Seither wurden von den vier geplanten Abschnitten zwei, mit jeweiligen Teilstücken, fertiggestellt. Es fehlen zwei weitere große Puzzleteile, um den Autobahnring mit Anschluss an die A 27 und die A 1 zu komplettieren. Danach soll es dann eine bessere Anbindung an Flughafen und Gewerbegebiete geben und Verkehrsknotenpunkte Bremens entlastet werden.
Doch schon bei den ersten beiden bereits fertigen Abschnitten zieht es sich und auch in Verbindung mit dem in Seehausen geplanten Wesertunnel – Bauabschnitt 4 – läuft es nicht ganz rund. Ob Zank zwischen Land und Bund oder zwischen Anwohnern und Behörden. Sogar Gewerbetreibende klagen gegen das Bauvorhaben.
Dem Bau zum Abschnitt 2/2, der aktuell realisiert werden soll, geht ein jahrelanges „Politik versus Anwohnerschaft“-Gefecht voraus. Und es scheint kein Ende in Sicht. Allein bei der Frage, wie der Stand der Dinge sei, könnten die Darstellungen nicht unterschiedlicher sein. Der Auffassung einer Initiative nach würde die Neuenlander Straße entlastet, in ganz Obervieland aber gäbe es mehr Verkehr – und während der Bauphase Staus, Lärm und Dreck in den benachbarten Wohngebieten.
Mit der geplanten Bundesstraße 6 neu könnten sogar Menschen ihre Häuser und die Kleingärten zurücklassen müssen, denn diese würden Norbert Breeger zufolge, der hier seit mehr als 20 Jahren lebt, der B 6n weichen müssen. Ende August diesen Jahres beschließt die Bürgerschaft erneut die B 6n mit einer Tunnelführung, welche die A 281 und die A 1 bei Brinkum verbinden würde.
Breeger, Sprecher der „Vereinigung der Bürgerinitiativen für eine menschengerechte A 281“, stellt Pläne vor, nach denen oberirdisch eine Trasse sechs bis zehn Häuser „abrasieren“ würde. Er führt durch die dann betroffene Wolfskuhlensiedlung. „Wir fühlen uns schlicht und ergreifend verar... !“ Das macht Breeger vor allem daran fest, dass Bremen 2013 zwei Varianten, also eine weitere neben der Tunnel-Vorzugsvariante beim Bundesverkehrsministerium einreicht: die Trassenführung durch die Siedlung.
Ende der 50er, Anfang der 60er-Jahren bauen die ersten Menschen in dem Parzellengebiet der Wolfskuhle ihre Wohnhäuser. Nach und nach entsteht ein Dorf in der Stadt. Die Wolfskuhlensiedlung. Zur einen Seite ist heute die viel befahrene und vor allem von Lkw genutzte Kattenturmer Heerstraße, zur anderen der Flughafen. Doch schon kurz nach dem Einbiegen in den Krimpelweg ist von dem Trubel kaum noch etwas zu hören. Die Flugzeuge scheinen hingegen zum Anfassen nahe, aber mittlerweile sind sie eben nicht mehr das größte Problem. Die B 6n würde bei der Flughafenumfahrung an die A 281 anschließen. Der Bremer Senat stellt dem Bund 2013 diese zweite Variante vor, auch wenn 2012 bereits beschlossen wird, dass ausschließlich die Variante der Untertunnelung in Frage käme.
Und auch hier kommt eine gegensätzliche Darstellung ins Spiel: „Für den Bau der B 6n werden in keiner der zur Diskussion stehenden Varianten Häuser weichen“, sagt Gunnar Polzin, Abteilungsleiter Verkehr beim Senator für Umwelt, Bau und Verkehr. Es gebe Skizzen, die so aussehen würden, als ob Grundstücke bei der sogenannten Umfahrungslösung an der Spitze der Wolfskuhlensiedlung betroffen wären, aber: „Das stimmt nicht“, so der Behördenleiter.
Der 64-jährige Breeger zeigt auf die nach seinen Angaben betroffenen Häuser. Seit 2007 kämpft er mit der Vereinigung der Initiativen, vor allem aber mit der Bürgerinitiative „Rettet die Wolfskuhlensiedlung!“, gegen eine Flughafenumfahrung als Trasse durch die Siedlung. „Der Kompromiss ist – und den vertreten wir immer noch gemeinsam – wenn hier überhaupt eine neue Straße gebaut werden muss, dann ausschließlich die Verbindung nach Brinkum, unter dem Flughafen durch. Wir brauchen keinen Bauabschnitt 2/2 zum Zubringer Arsten.“ Mittlerweile sei dies auch wieder die einzige Variante, die die Anwohner akzeptieren; in Verbindung mit ordentlichen Lärmschutzmaßnahmen.
Gunnar Polzin erklärt jedoch, dass eine vierspurige Lösung an dem Abschnitt 2.1, an der Neuenlander Straße (A 281 Bremen Airport-Stadt) nicht die gewünschte Lärmminderung zur Folge hätte. Dort ist aktuell eine provisorische Ampellösung vorzufinden. „Anfang 2014 haben wir umfangreiche Lärmuntersuchungen für das ganze Quartier vorgestellt. Da sieht man, dass wir durch Tempo 30 auf der Kattenturmer Heerstraße nachts eine Entlastung hätten und das wollen wir prüfen.“ Es gehe ja vor allem darum, die Bereiche Neuenlander Straße und Kattenturmer Heerstraße zu entlasten.
Die Emotionalität, die durch die persönliche Betroffenheit entsteht, kann Polzin nachvollziehen. Er betont, dass die bürgerlichen Interessen durchaus eine Rolle spielen und Anlieger bei den Plänen berücksichtigt werden. Er weist aber auch darauf hin, dass es in der Vergangenheit im Senat versäumt wurde, die Pläne auf einen Nenner zu bringen. Langjährige Projekte bräuchten immer wieder eine Aktualisierung. „Wir haben das in der letzten Legislatur auf den Weg gebracht und dadurch die Planung in den Einklang gebracht. Jetzt haben wir zwar eine teurere, aber eine städtebaulich deutlich verträgliche Lösung.“
Norbert Breeger führt durch die Siedlung. Da, wo der Kleingärtnerverein Neuenland e.V. liegt, im Märchenland, genau hier auf dem kleinen Weg würde nach den ihm vorliegenden Plänen die B 6n den Weg kreuzen. Ab 2017 könnte es endlich soweit sein. Endlich ist aber weder die Sichtweise Breegers, noch die der Bremer Politik. Vielmehr ist es der Wunsch des Bundes. Denn das Bundesverkehrsministerium stuft im August die oberirdische B 6n im Bundesverkehrswegeplan 2030 in den „vordringlichen Bedarf“.
„Es gab den klaren Beschluss, dass sich Bremen weiterhin zur Tunnellösung bekennt, und – für Obervieland wichtig – sich vorrangig für den Ausbau der A 1 einsetzt“, sagt Polzin und benennt Verhandlungen mit dem Ministerium für Verkehr als nächsten Schritt. „Das Bundesverkehrsministerium hat nur diese Umfahrungsmöglichkeit im Bundesverkehrswegeplan vorgestellt. Wie die Tunnellösungen bewertet wurden, die auch von Bremen angemeldet wurden, nach Senatsbeschluss Mitte 2013, ist uns zum jetzigen Zeitpunkt nicht bekannt.“ Auch darüber müsse ein Austausch zwischen Land und Bund stattfinden. „Der Bund will etwas anderes, als Bremen politisch beschlossen hat.“ (Autorin: Annika Mumme)